Ein wichtiger Bestandteil vieler Coaching-Konzepte sind Zielklärungen - gleich zu Beginn, aber auch immer wieder unterwegs im Coachingprozess, denn sie tragen dazu bei, dass Klient/innen ihre konkreten Ziele genauer definieren können. Ohne diesen Vorgang ist Coaching nicht sinnvoll, da es oft ins Leere führt und kein klarer Auftrag an die Coaches vorliegt. Der Fokus liegt also in der Regel darauf, klare und spezifische Zielsetzungen zu formulieren. Um diesen Prozess zu unterstützen, werden von Coaches praktische Kriterien und Methoden vorgestellt. Dabei ist darauf zu achten, dass diese auf wissenschaftlichen Grundlagen basieren oder zumindest in der Paxis bewährt und evaluiert sind. Für den Start empehlen sich Konzepte wie:
GROW
Das GROW-Modell zum Beispiel ist meines Wissens - wenn überhaupt - selten Gegenstand wissenschaftlicher Untersuchungen gewesen. Dennoch wird es schon lange als zielführende Methode anerkannt und wird von Praxis und Wissenschaft gleichermaßen geschätzt.
Im international populären GROW-Modell von Sir John Whitmore (1992, 2013) bilden Ziele den Ausgangs- und Endpunkt im Coaching und in jeder einzelnen Sitzung. GROW steht für:
G | goal | Zielsetzung oder Vision, sowohl als angestrebter Endpunkt einer Sitzung, als auch des gesamten Coachings |
R | reality | Realitäts-Check und Erkundung der aktuellen Situation, in der sich die Klient/innen befinden |
O | options | Optionen und alternative Strategien oder Handlungsmöglichkeiten |
W | W-Frage | Was ist zu tun? Wann? Durch Wen? Und mit dem festen Willen |
S.M.A.R.T.
Häufig werden von Klient/innen erst einmal sehr allgemeine Ziele oder übergeordnete Ziele genannt. Bei zielorientierten Coachingkonzepten wie dem GROW-Modell werden sie dann weiter mit den S.M.A.R.T-Kriterien geklärt und definiert.
S | spezifisch (nicht allgemein) | „Können Sie genauer beschreiben, was Sie erreichen möchten? Welche Ergebnisse oder Veränderungen?“ |
M | messbar | „Können Sie das Ergebnis in Zahlen ausdrücken? Als quantitatives Resultat (z.B. als Anzahl hergestellter oder verkaufter Produkte, Kundenanzahl oder wirtschaftlicher Gewinn)?“ |
A | accepted, gemeinsam akzeptiert | „Wird das Ergebnis von der Unternehmensleitung/ Ihrem Chef/ Ihrem Team akzeptiert oder wird es voraussichtlich als problematisch/ ungenügend/ unwichtig angesehen?“ |
R | realistisch, relevant und herrausfordernd | „Ist das Ziel realistisch erreichbar/ relevant aber gleichzeitig für Sie herausfordernd?“ |
T | time-framed, zeitlich strukturiert | „Gibt es zeitliche Vorgaben, bis wann die Ziele/ Teilziele erreicht werden müssen oder haben Sie selber einen Zeitplan?“ |
Es handelt sich hier also im Wesentlichen um Leistungs- oder Performanceziele (s. Beitrag zu Zielarten). Die Aufgabe im Coaching besteht jetzt darin, dass die Klient/innen ihre Ziele und Teilziele schrittweise möglichst alle nach den S.M.A.R.T-Kriterien definieren.
Die Merkmale der Zielsetzungstheorie von Locke und Latham (2002) haben große Ähnlichkeit mit den S.M.A.R.T-Kriterien. Sie beschreibt, wie Ziele definiert werden sollten, damit sie die Motivation und Anstrengung bei der Zielerreichung fördern und sich eine nachweisbare Verbesserung von Leistungen eistellt. Nach ihrer Motivationstheorie und umfangreicher empirischer Forschung ist es förderlich, wenn die Ziele spezifisch, messbar und realisierbar formuliert werden, dabei aber nicht zu einfach zu erreichen, sondern herausfordernd sind. Herausfordernd sind die Ziele dann, wenn die Klient/innen ihr Erreichen als möglich, aber schwierig einschätzen. Solche Ziele fokussieren nach dieser Theorie die Aufmerksamkeit auf das Ziel und aktivieren mehr Anstrengungen und Beharrlichkeit bei der Zielverfolgung als einfache Ziele.
Nun werden eben diesen praktischen Ansätzen werden auch Vorgehensweisen beschrieben, die Klient/innen nutzen können, um abstrakte Entwicklungsziele oder Themen zu reflektieren, ohne dass sie sich sofort auf konkrete Ziele festlegen müssen. An dieser Stelle, kann nur ein kurzer Einstieg gegeben werden, um zunächst die Reflexion über Themen zu beflügeln. Hier kann und sollte man aber schon auf die weiterführende Methode des Narrative Coaching von Drake (2010) hinweisen, die sich gut zur Unterstützung von Reflexionen eignet über Erfolge und Misserfolge im Berufsleben oder um sich mit Lebensthemen auseinanderzusetzen. Bedeutend ist auch ihr Beitrag dazu, die Identitätsentwicklung zu fördern.
Wenn es speziell um Stressbewältigung in Arbeit oder Privatleben geht, werden an anderer Stelle noch spezielle Ansätze zur Stressanalyse, Stressreduktion und Selbstberuhigung vorgestellt, die dabei helfen sollen, zum einen Stress zu reduzieren, aber auch ihre Selbstregulationsfähigkeiten zu verbessern.
Quelle:
Greif, S. (2019), Leittext Zielklärung im Coaching, ResearchGate GmbH.
Literatur:
Doran, G. T. (1981). There's a S.M.A.R.T. way to write management's goals and objectives. Management Review, 70(11), 35–36.
Drake, D. B. (2010). Narrative Coaching. In E. Cox, T. Bachkirova & D. A. Clutterbuck (Hrsg.), The Complete Handbook of Coaching (S. 120-131). London: Sage.
Locke, E. A. & Latham, G. P. (2002). Building a practically useful theory of goal setting and task motivation. American Psychologist, 57(9), 705-717.
Whitmore, J. (1992). Coaching for performance: GROWing people, performance and purpose (4th reprinted ed. 2010). London: Nicholas Brealey Publishing.
Whitmore, J., Kauffman, C. & David, S. (2013). GROW grows up: From winning the game to persuing transpersonal goals. In S. David, D. Clutterbuck, D. & D. Megginson (Hrsg.), Beyonf Goals. Effective Strategies for Coaching and Mentoring (S. 245-260). Farnham: Gower.
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